Mittwoch, 28. März 2018

Statt Blumen

Sie hatten sich zusammengeschlossen.
Nicht, um an den Verstorbenen zu erinnern, sondern in Verweigerung. Sobald sie sein Grab berührten, zerfielen sie zu einer weichen braune Masse.
Seine Witwe begriff sofort, warum ausnahmslos keine der Blumen bereit war, dieses Plätzchen Erde zu schmücken. In ihrer Erinnerung betrachtete sie seinen einstigen Garten – eine Graswüste. Nicht eine einzige Blüte wagte es, sich in diese Einöde zu verirren, in der selbst dem Rasen nur ein paar winzige Millimeter Licht vergönnt war. 
"Farben stören die Ästhetik", sagte er mal, als er auf der schmucklosen Marmorterrasse seinen Abenddrink zu sich nahm. Sie hatte geschwiegen, nur eine Seite in ihrem Buch weitergeblättert.
Ein anderes Mal gingen sie spazieren. Da tobte er einen Feldweg entlang, zertrat wahllos  Löwenzahn, Wegwarte und zerrieb sogar die winzigen Sternchen der Vogelmiere unter seinen massigen Schuhsohlen. 
"Banausen! Dreckige Bauern!", schrie er indessen und seine Frau verweigerte ihm fortan weitere Ausflüge.
Jetzt war er tot. Sein Grab, nicht mehr als ein nackter Buckel. Wind und Regen würden ihn bald geebnet haben.
Die Witwe hatte Haus und Garten schon inseriert. 
Darunter befand sich anstatt einer Traueranzeige eine Danksagung.

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